Seit der Aufnahme des Probebetriebes kämpfen die SBB im Gotthard-Basisiunnel (GBT) mit einer erhöhten Staubbelastung der Fahrröhren und der Querschläge. Diese führte zeitweise bereits im Fahr- und Erhaltungsbetrieb zu Sichtbehinderungen.
Da man bei dieser Verschmutzung anfänglich von "Bau- und Zementstaub" ausging, wurde während des Probebetriebes der Tunnel vermehrt mit den entsprechenden Spezialfahrzeugen mit Wasser gereinigt.
Allerdings führte dies nicht zum gewünschten Erfolg, im Gegenteil.
Seit der Aufnahme des Normalbetriebes erleidet das Rollmaterial von SBB Personenverkehr, welches durch den GBT eingesetzt wird, durch eine Art "Sandstrahl-Effekt" vermehrt Farbabtragungen an Bauteilen und „blinde“ Frontscheiben. Zudem wurden bei diesen Fahrzeugen auch im Inneren vermehrt Staubablagerungen festgestellt.
Die von den SBB veranlassten Abklärungen haben nun ergeben, dass neben dem teilweise immer noch vorhanden Staub des Bauwerkes selber und dem Schmirgelabrieb des Schienenschleifens, vor Allem der Staubeintrag von Güterzügen mit Schüttgütern als mögliche Hauptverursacher in Frage kommen.
Eine bereits früher erlassene Geschwindigkeits-Reduktion für Kies- und Sandzüge erbrachte nicht den erhofften Effekt, weshalb die SBB versuchten, mittels Videoaufzeichnungen von zwei beladenen Kieszügen bei der Durchfahrt GBT die Vermutung zu verifizieren. Tatsächlich dokumentierten diese Aufnahmen massive Abwehungen von Sand.
Eine Lösung des Problems können nur Massnahmen am Rollmaterial (oben geschlossene Wagen), durch eine entsprechende Beladung (Schütthöhe), oder durch betriebliche Vorgaben (weitere Geschwindigkeitsreduktion) erreicht werden.
SBB Cargo, Infrastruktur, Verlader und Wagenhalter arbeiten im Moment intensiv an einer Lösung.
Bis zur Lösung des Problems wurde am am 09.06.17 beschlossen, alle beladenen Ganzzüge mit "feinem Schüttgut" in offenen Wagen via die Gotthard-Bergstrecke statt via GBT verkehren zu lassen. Das gilt für alle Güter-EVU‘s.
Bezüglich des Profil-Problems im Gotthard-Tunnel Airolo-Göschenen (siehe separate Meldung) wird festgehalten, dass diese Züge mit Rollmaterial nach normalem G-Profil (max. EBV1) verkehren und trotz den aktuell geltenden Einschränkungen des Lichtraumprofils durch den Scheiteltunnel verkehren können.
Das Problem ist keineswegs neu. So verkehrten bis in die 70er-Jahre täglich
schwere Kieszüge (Bau der Autobahn A2 im Tessin) mit Zwischenloks über den Gotthard.
Auch dabei trat ein Schmirgeleffekt auf, dies allerdings an den Schleifringen der Motoren, weil der Flugsand und Staub bei den als Zwischenlok eingesetzten Ae 6/6 angesogen und auf die Motoren geblasen wurde.
Daraufhin wurde der Zwischenlokbetrieb bei Sandzügen mit oben offenen Wagen untersagt. So gingen diese schweren Züge traktionsmässig von den Ae 6/6 an Re 10/10 über.