SBB-Historic schlägt zurück

Im April 2016 nahm ich Stellung zu einem im Urner Wochenblatt erschienenen Beitrag bezüglich der «Leistungen» der Geschäftsleitung von SBB Historic.

Gemäss der Devise der Geschäftsleitungs-Mitglieder «Wir machen alles richtig, alle Anderen haben falsch.», erfolgte auch umgehend eine entsprechende Reaktion.
So forderten sie anlässlich einer kurz darauf folgenden Sitzung vom Vorstand des Historic-Teams Erstfeld meinen umgehenden Ausschluss aus dem Verein.
Hierzu muss man wissen, dass der Vorstand des Historic-Teams Erstfeld damals den Text meiner Richtigstellung gleichzeitig mit der Zeitungs-Redaktion erhielt. Er hatte also vorgängig keinerlei Kenntnis vom Inhalt meines Beitrages, bejahte aber im Nachhinein die Richtigkeit und den Wahrheitsgehalt meiner Ausführungen.
An obgenannter Sitzung beschied denn auch der Vereins-Vorstand der Geschäftsleitung aus Windisch, man sei ein eigenständiger Verein nach OR, weshalb die Geschäftsleitung diesbezüglich keinerlei Weisungsbefugnis hätte. Wenn schon, dann wäre einzig die Generalversammlung des Vereins für einen solchen Ausschluss zuständig. Und das sei im vorliegenden Fall nicht zu erwarten.

Meine Ergänzung im Urner-Wochenblatt stützte sich auf einen vorgängig dort veröffentlichten Beitrag ab. Deshalb fasste ich in meiner Richtigstellung meinen Hinweis auf weitere vorhandene Probleme bei SBB-Historic in der Redewendung «der Augiasstall in Windisch müsse ausgemistet werden.» zusammen.
Überzeugt vom eigenen Tun, und wohl auch in der irrigen Annahme, dass es sich dabei um reine Polemik meinerseits handle, kam den Geschäftsleitungs-Mitgliedern gar nicht in den Sinn, dass sich hinter dieser Formulierung weitere unschöne, fundierte Fakten verstecken würden.
Zumindest verwahrte sich Historics Archivleiter Martin Cordes anlässlich einer kurzen Begegnung in Erstfeld dagegen mit der Anmerkung: «Man hätte in Windisch keinen Schweinestall.»
Scheinbar war man in Windisch vor lauter Ärger nicht fähig zu erkennen, dass diese Textpassage nicht wortwörtlich, sondern als literarisches Zitat für «es liege noch Weiteres im Argen» gedacht war.
Falls dies den Ärger mindern sollte, kann ich Martin Cordes übrigens dahingehend beruhigen, dass König Augias, gemäss griechischer Mythologie, nicht Schweine, sondern Rinder züchtete.

Da ich im hier vorliegenden Text, im Gegensatz zur im UW erschienen Stellungnahme, nicht mehr der journalistischen Regel der ‘Einheit des Inhaltes’ verpflichtet bin, kann ich der Geschäftsleitung von SBB-Historic in Windisch gerne den Wunsch erfüllen und einige jener zahlreichen Punkte näher ausführen, welche mich zu diesem Zitat veranlasst haben:
Zum Unsinn der Schwedenfahrt mit dem Krokodil Be 6/8 III 14305 selber, möchte ich mich nicht mehr äussern. Victor Francescon hat in der Schweizerischen Eisenbahn-Revue Ausgabe 11/2015 dazu alles Notwendige gesagt.
Fehler und Fehlentscheide passieren.
Dass man aber eine historische Lokomotive zu Schanden fährt, und dann hingeht und mit Vorträgen und Videos das Ganze als Glanzleistung der Organisatoren darstellt, während die Lok noch immer defekt in Deutschland auf ihre kostspielige Instandstellung wartet, das grenzt für mich an Leichenfledderei.
Dass die ganze unsinnige Aktion zudem viel Geld verschlingen wird, das man nicht hat und deshalb andernorts eingespart werden muss, das steht nochmals auf einem anderen Blatt.

Welche Art Ordnung in Windisch herrscht, hat aber die damit verbundene Notrettungs-Aktion am Rande gezeigt.
Zwar war den Protagonisten bekannt, dass noch eine Reserveachse für den Loktyp Be 6/8 III vorhanden sei. Allerdings existierten in der Geschäftsstelle anscheinend keinerlei Unterlagen, in welchem der vielen Güterwagen mit Material, die besagte Achse zu finden wäre.
Als die Achse nach der Öffnung und Durchsuchung etlicher Wagen endlich gefunden wurde, beförderte man diese ins Freie und nahm die Lagerschalen für die Reparatur der in Berlin abgestellten, liegengebliebenen Be 6/8 III mit.
Wie man in Windisch mit historischem Material umgeht, zeigt die Tatsache, dass die betreffende Achse seitdem immer noch (Stand Anfang August) Wind und Wetter ausgesetzt im Freien liegt und vor sich hin rostet.

Viele Entscheide der Geschäftsleitung von SBB-Historic erscheinen willkürlich und deshalb unverständlich und nicht nachvollziehbar.
Am Wochenende vom 13./14. September 2014, feierten die Französischen Staatsbahnen SNCF die Um-Elektrifizierung der Strecke von Genf nach la Plaine mit einem grossen Eisenbahnfest.
Dabei plante die historische Abteilung der SNCF auch eine Ausstellung mit historischen Lokomotiven, welche einen Bezug zur SBB und zur Schweiz hatten. Mit dabei sein sollten auf französischer Seite auch die 2D2 5525, das französische Pendent zur SBB Ae 4/7 mit Buchli-Antrieb, und die CC 20001, welche konzeptionell der Ae 6/6 der SBB entspricht.
Deshalb lud die historische Abteilung der SNCF die Stiftung SBB-Historic ein, an dieser Ausstellung mit einer historischen Ae 4/7 und einer Ae 6/6 ebenfalls teilzunehmen.
Dafür zeigte allerdings Windisch keinerlei Interesse und erteilte den SNCF eine Absage.
Die BLS hingegen ordnete die Einladung anders ein und sagte den SNCF ihre Teilnahme mit historischen Lokomotiven zu.
Dadurch, dass die historische Bm 6/6 18501, welche sich im Besitz von Ralph Schorno (SLM-GmbH, Winterthur) befindet, ebenfalls eine Einladung erhielt, wurde diese unverständliche Absage durch SBB-Historic überhaupt bekannt. In Zusammenarbeit mit dem Verein Mikado in Brugg, kamen dann mit der Bm 6/6 18501 von Ralph Schorno auch noch die Ae 4/7 10976 und die Ae 6/6 11407 von Mikado mit an die Ausstellung, so wie es sich die SNCF gewünscht hatten. Dies nun allerdings auf privater Basis.
In Zusammenarbeit mit dem Verein Mikado in Brugg, kamen dann mit der Bm 6/6 18501 von Ralph Schorno auch noch die Ae 4/7 10976 und die Ae 6/6 11407 von Mikado mit an die Ausstellung, so wie es sich die SNCF gewünscht hatten. Dies nun allerdings auf privater Basis.

Nicht nur die SNCF musste eine Absage durch SBB-Historic verdauen. Auch die eigenen Divisionen wurden mehrmals im Stich gelassen.
So hat für diverse Bahnhofsfeste und Eröffnungen u. A. die Division Personenverkehr die Stiftung SBB-Historic mehrmals eingeladen, mit der Spanisch-Brötlibahn als Publikumsmagnet teilzunehmen.
Sie erhielten negativen Bescheid.

Was die durch die Absage von Historic konsternierten Organisatoren bei SBB-P nicht wissen können ist, dass jene Wagen der Spanisch-Brötlibahn, welche nicht im VHS Luzern geschützt hinterstellt sind, gar nicht mehr im Publikumsverkehr eingesetzt werden können, weil die Holzteile vieler Trittbretter und Plattformen so verfault sind, dass man sie nicht mehr gefahrlos betreten kann.
Dass der Wagen 1. Klasse zudem als gedecktes Materiallager benutzt wird und deshalb seine Lederpolster Risse und Löcher aufweisen, bildet nur noch das Tüpfelchen auf dem I.
Dass übrigens zur selben Zeit die Holzbremsklötze dieser Wagen durch neue ersetzt wurden, lässt einzig den Schluss einer völligen Planungslosigkeit zu.

Es dürfte inzwischen allen Lesern dieses Textes klar geworden sein, dass dies nur einige wenige Beispiele aus einer Liste sind, welche Bestandteil der mir angekreideten Aussage zum «Augias-Stall» sind.

Bleiben noch meine kritischen Äusserungen im Beitrag zur zukünftigen Arbeit von SBB-Historic am Gotthard.
Hierzu einfach zwei Informationen, welche erst kürzlich anlässlich einer Sitzung an das Historic-Team Erstfeld abgegeben wurden:

Die erste Information zeigt einmal mehr, wie wenig Situations- und Sachkenntnis zu Erstfeld in Windisch vorhanden ist.
Die zweite Information dient ganz klar der Disziplinierung der (zu) aktiven Mitglieder des Historic Teams Erstfeld.
Auch hat sie klar die Absicht, innerhalb des Teams Unfrieden zu produzieren.

Ich kenne die Qualitäten und Fähigkeiten der Entscheidungsträger in der Geschäftsleitung von SBB-Historic nur marginal, weshalb ich mich auch nicht darüber auslasse.
Allerdings sehe ich laufend die zerstörerischen und lähmenden Auswirkungen von deren Entscheidungen und Untätigkeiten.
Deshalb liegt mir auch die anlässlich einer Sitzung mit dem Vorstand des Historic-Teams Erstfeld zur Diskussionsbeendigung gemachte Äusserung eines Mitgliedes der Geschäftsleitung quer im Magen: «Wir sind die Profis, und ihr seid die Laien!»
Wer jemals mit dem Historic-Team Erstfeld zu tun hatte, weiss von dessen breitgefächerter Professionalität.
Es stellt sich somit die Frage, wer denn nun der «Laie» ist: Jene, welche sich als Profis fühlen, aber meinen auf die Mitarbeit der wahren Profis verzichten zu können?

Die Geschäftsleitung von SBB-Historic verweist seit Längerem auf ihr Konzept für die Zukunft der Gotthard-Bergstrecke.
In Anbetracht dessen, dass dieses Konzept bereits nach dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember 2016 seine Funktion aufnehmen müsste, wäre es wohl langsam an der Zeit, die Öffentlichkeit über die zukünftigen Absichten im Rahmen des «Swiss Rail Park St. Gotthard» zu informieren.
Aber eben: Das Archiv der ehemaligen Gotthardbahn zu verwahren, befähigt noch niemanden dazu, ein Gotthard-Kenner zu sein.
Das grosse Wissen um die Gotthard-Bergstrecke und ihren Betrieb wäre im Historic-Team in Erstfeld zu finden. Darauf zurückzugreifen, ist man sich in Windisch aber zu schade.

Eines ist für mich bei all dem unverständlich: SBB-Historic ist eine Stiftung.
Diese hat einen Stiftungsrat, welcher das Tun und Lassen der Geschäftsleitung zu begleiten und zu begutachten hat.
Es erstaunt mich, von dieser Seite – trotz offensichtlicher, zum Teil kostspieliger Fehlentscheidungen und Strategien der Geschäftsleitung – nichts zu hören.
Mögliche Gründe hierfür gibt es viele. Spontan fallen mir da ein: Einverständnis, Unkenntnis, Fehlinformation, Gleichgültigkeit, Kumpanei.

Ich habe inzwischen dem Vorstand des Historic-Teams Erstfeld meinen Austritt aus dem Verein angekündigt.
Nicht aus Rücksicht auf die Geschäftsleitung in Windisch. Auch wenn sie mich als «Nestbeschmutzer» betiteln, hätte ich mich ihnen noch so gerne bei jeder Gelegenheit in Erstfeld präsentiert, denn ich darf jedem von ihnen gradlinig ins Gesicht sehen.
Ein Problem ist, dass ich, obwohl der Vorstand hinter meinen früheren Aussagen steht, diesen mit meinem Verbleiben im Verein in eine Zwickmühle bringe, die ich ihm ersparen möchte.

Der Hauptgrund ist für mich aber der, dass ich bei dem von mir befürchteten Debakel am Gotthard, meinen Namen zur Zeit nicht im Zusammenhang mit "Historic" genannt sehen möchte.

Fazit:
Geschichte, und damit auch die historische Eisenbahn, ist an sich eine tote Materie.
Diese kann aber mit dem nötigen Herzblut zum Leben erweckt und erleb- und erfahrbar gemacht werden.
Ich habe in den vergangenen Jahren bei SBB-Historic die Mitarbeiter und vor Allem die Mitglieder der Geschäftsleitung als Bürokraten [(Sach-)Verwalter] erfahren, welche jegliches Herzblut für die historische Eisenbahn vermissen lassen.
Ich bin überzeugt, dass sich an der Misere bei SBB-Historic so lange nichts ändert, bis endlich Leute mit dem nötigen Herzblut dort die Entscheidungen treffen.

Armes Eisenbahn-Erbe unserer Ahnen. Es verkommt bei SBB-Historic zur toten Materie.