Am Samstagabend 21. November 2015 kam es bei Getzigen, unterhalb Gurtnellen, erneut zu einem kleineren Felsabbruch,
der einen Unterbruch der Gotthard-Bergstrecke zur Folge hatte.
Glücklicherweise hielten die vor drei Jahren montierten Fangnetze
die bis zu etwa 1
m³ grossen Felsblöcke und den Schutt grösstenteils auf.
Genau zur Zeit des Abbruchs passierte eine ICN-Doppelkomposition die Stelle.
Glücklicherweise hatte diese die Abbruchstelle beinahe passiert, so dass nur noch das Ende des Steuerwagens von ins Profil stürzenden Teilen gestreift wurde.
Durch die Kollision entgleiste die hintere Achse des Drehgestells und beschädigte das Gleis
bis auf eine Länge von etwa 2200 Metern.
An der Abbruchstelle wurde das bergseitige Gleis (200) etwa 30 cm Richtung Reuss geschoben, und ein Fahrleitungsmast wurde geknickt und geriet in Schieflage.
Jetzt rächte sich die beim grossen Absturz 2012 gewählte Lösung, die Fahrleitungen beider Geleise an nur einem Mast aufzuhängen, denn auch das unbeschädigte talseitige Gleis war nun nicht mehr zu befahren.
Da die nach dem Felssturz 2012 angebrachten Fangnetze mit dem Interventionszentrum für Zugkontrolleinrichtungen (IZ ZKE) in Erstfeld verbunden sind, lösten die Sensoren
dort Alarm aus.
Nach Abklären der Situation rückte in Erstfeld das Team des Interventions-Zentrums mit dem Lösch- und Rettungszug LRZ aus.
Die entgleiste Achse wurde auf ein Diplory gesetzt und die ICN-Kompositionen durch den LRZ abgeschleppt.
So weit die Fakten, welche sich für einmal nicht auf SBB-Informationen stützen.
Bis dato habe ich nämllich zum Ereignis keinerlei Presseinformationen erhalten.
Stützen wir uns deshalb auf den Bericht des Inframitarbeiters E. Berchtold:
"Am Sonntag um etwa 15 Uhr konnte ein Tm 234 mit Flachwagen und Bendini-Kran zur Abbruchstelle vorrücken. Der Kran nahm den geknickten Mast an den Haken und richtete ihn teilweise auf, damit auf dem anderen Gleis ein Fahrleitungs-Tm mit Montagewagen, welche inzwischen aus Airolo eingetroffen waren, die Fahrleitungen und Erdseile lösen konnte.
Die Schwierigkeit dabei war, dass der Kran auf dem verschobenen Gleis stand und das Lichtraumprofil zum Nachbargleis nicht mehr gegeben war.
Gleichzeitig wurde ein Menzi Muck-Schrittbagger zur Felsräumung auf dem Schuttkegel in Stellung gebracht und ein Helikopter der Swiss Helikopters setze Schutzelemente in den Hang unter dem Abbruch und flog Bäume und Holz weg.
Ein Zweiweg-Bagger der Firma Vanoli brachte einen Abbauhammer und einen Dieseltank von Gurtnellen und Mitarbeiter der Gasser Felstechnik und von SBB Infra installierten eine leistungsfähige Beleuchtung.
Nachdem der Menzi Muck den Schuttkegel etwas geräumt hatte, um den Druck auf den Fahrleitungsmast zu verringern, konnte der Fl-Dienst alle Leitungen lösen.
Der Mast wurde nun mit dem Kran aus dem Abbruchmaterial gezogen und am Bord abgelegt.
Durch den hohen Druck waren alle sechs Fundamentschrauben M24 abgerissen.
Nach der Demontage des Auslegers wurde die beiden Teile auf den Flachwagen verladen.
Unterdessen hatte der Vanoli-Bagger mit dem Verlad des Abbruchmaterials auf einen Zweiweg-Lastwagen begonnen und der Menzi Muck zerkleinerte die grossen Brocken.
Gleichzeitig begannen die Bohrarbeiten auf der talseitigen Stützmauer, um dort später zwei provisorische Fahrleitungsmasten für das talseitige Gleis 100 aufzustellen.
Der defekte Mast wurde über das beschädigte Gleis nach Amsteg gebracht. Bei diesem werden gegen 7000 Schienenbefestigungen ersetzt werden müssen.
In der Station Amsteg traf gleichzeitig mit dem Mastentransport ein Sattelschlepper aus Airolo ein, der vier neue Fahrleitungs-Masten (je zwei pro Gleis), zwei schwere Stahlplatten als Fundament für zwei provisorische Masten auf der Bergseite, und das entsprechende Kleinmaterial wie Ausleger etc. mitbrachte.
Nach dem Umlad und der Ablösung des Fl-Teams durch eine ausgeruhte Equipe startete diese um 21 Uhr wieder nach Gurtnellen.
Dort galt es, das Material abzuladen und die zwei talseitigen Masten auf die
provisorisch direkt in die Stützmauer eingegossenen Gewindestangen zu
schrauben. Nun konnte der Fl-Dienst mit der Montage der Fahrleitung auf dem Gleis 100 beginnen. Ziel war der Beginn des einspurigen Betriebes am Montagmorgen um 6 Uhr.
Nach dem Ablad wurde der Tm zusammen mit einem Flachwagen und dem Kran nach Erstfeld überführt.
Dort wurde er ab 0:30 von anderen SBB-Mitarbeitern in der (Rest-) Nacht mit Schienenbefestigungen und Werkzeugen beladen, damit ab 7 Uhr mit der Reparatur der beschädigten 2,2 km Gleis begonnen werden konnte."
Einmal mehr zeigte es sich, dass "vor Ort" alles bestens klappte. Hier haben erfahrene Praktiker das Sagen, was dazu führt, dass die Leute der SBB und zugezogener Firmen über alle Firmen- und Divisionsgrenzen hinweg funktionieren, weil sie wissen, was zu tun ist.