Vier von zehn Zügen in der Schweiz fahren mit Urner Strom

Am 26. Januar 2015 lud die SBB-Medienstelle zu einer Informationsveranstaltung ins Kraftwerk Wassen ein.
Grund hierfür war, dass dieses Kraftwerk bisher unter Leitung der CKW stand.
Auf den 1. Januar diese Jahres nahmen die SBB vertragsgemäss die Aktienmehrheit der Kraftwerk Wassen AG (90 % SBB, 10 % Kanton Uri) zurück.
Nun produziert das Kraftwerk beim Pfaffensprung mit seinen zwei Generatoren ausschliesslich für die SBB Bahnstrom 16 2/3 Hz für den Fahrbetrieb und "Haushalt-"Strom 230V, 50 Hz für die Beleuchtung von Stationsanlagen, Bahnhöfen, Büros, Werkstätten, den Betrieb von Stellwerken und anderen Anlagen.

Themenbild
Situation beim Pfaffensprung, das Kraftwerk Wassen

Die Energiestrategie aus Urner-Sicht

An der Medien-Orientierung legte der Urner Baudirektor, Regierungsrat Makrus Züst, die Energiestrategie des Kantons Uri dar.
Für Uri ist die Wasserkraft im Kanton sehr bedeutend. Der Kanton Uri setzt auf erneuerbare Energien und will bis im Jahr 2020 die Wasserkraft um 10 Prozent ausbauen.
Ein Grund hierfür sind die Einnahmen des Kantons aus Steuern und Wasserzinsen. Diese sind ein wichtiger Bestandteil des Urner Staatshaushaltes:

  Anteil
Steuern
[Mio.Fr]
Anteil
Wasserzinsen
[Mio.Fr]
Einnahmen
total
[Mio.Fr]
Anteil
Wasserkraft
[%]
2008 103,6 17,4 121,0 14,4
2012 77,8 24,4 102,2 23,9
2015 86,4 28,0 114,4 24,5

Kantonsintern will Uri mit seiner Gesamtenergiestrategie einen wesentlichen Beitrag zur eidgenössischen Energiewende beitragen und langfristig die 2000-Watt-Gesellschaft mit klimaneutraler Produktion anstreben.
Dazu sollen kommunale Gebäude zu mehr als 80% mit erneuerbaren Energien beheizt werden. Erreicht werden soll dies in Kooperation mit Gemeinden und Unternehmen durch die Beteiligung an Wärmeverbunden.
Beim Förderprogramm für die Allgemeinheit belegt Uri bereits einen schweizerischen Spitzenplatz! Bei all dem, hat Uri den Schutz der Umwelt nicht aus den Augen verloren.
Das Schutz- und Nutzungskonzept für erneuerbare Energien SNEE gibt vor, wo in Uri künftig Anlagen zur Stromproduktion erstellt werden können, und wo Landschaften und Fliessgewässer ungeschmälert erhalten bleiben müssen.

Die Energiestrategie der SBB

Jon Bisaz, Leiter Energie, Telecom und Elektroanlagen der SBB blickte kurz auf die Geschichte des Kraftwerks Wassen zurück, um dann über die Energiestrategie der SBB und deren Energieeffizienz zu informieren.

Mit der Rücknahme des Kraftwerks Wassen sind nun alle Kraftwerke der Reusskaskade zwischen Göschenen und Amsteg vollständig in den Händen der SBB. Dadurch steigt der Stromanteil aus Wasserkraft bei der SBB um weitere vier Prozent. Diese fahren nun mit 90 Prozent Wasserkraft, wobei insgesamt vier von zehn SBB-Zügen mit Strom aus Urner Kraftwerken fahren.

Themenbild

Historische Datentafel des Kraftwerks Wassen

Fakten zum Kraftwerk Wassen.
Im Jahre 1907 wurde das Kraftwerk durch den Kanton Uri konzessioniert. Nach dem Bau 1945 verpachteten die SBB das Kraftwerk an die Centralschweizerischen Kraftwerke AG CKW. (Aktienanteile: 50% SBB, 40% CKW, 10% Uri)
Diese Unterkonzession wurde 1987 im Einverständnis des Kantons Uri (Stromproduktion ausschliesslich für ÖV) auf Ende 2014 gekündigt.


Daten zum Kraftwerk Wassen:

Zur Energiestrategie der SBB erklärte Jon Bisaz, dass der Ausbau der Wasserkraftproduktion ein strategisches Ziel für die SBB ist.
Um das Bahnangebot der Zukunft nachhaltig betreiben zu können, wird zusätzliche Energie benötigt. Bis 2025 rechnet die SBB mit 25 Prozent mehr Energiebedarf, zu Spitzenzeiten gar mit 40 Prozent.
Sie will diesen Mehrbedarf mit Wasserkraft decken und gemäss Energiestrategie bis 2025 ausschliesslich mit erneuerbarer Energie unterwegs sein.

Dabei müssen die SBB zwei Stromarten beschaffen:
Der «Haushaltstrom» 50 Hz wird in der Menge von 235 GWh für den Verbrauch auf Bahnhöfen, in Büros, Werkstätten, Stellwerken etc. benötigt. Diese Menge entspricht etwa einem Stromverbrauch von 60 000 Haushalten.
Die SBB kaufen den Standardmix aus dem schweizerischen Landesnetz ein.

Der Bahnstrom 16.7 Hz dient für den Bahnverkehr von SBB und 13 Privatbahnen.
Die Menge von 2'442 GWh entspricht einem Stromverbrauch von 630 000 Haushalten.
Davon stammen 90% aus Wasserkraftwerken und 10% aus Kraftwerkbeteiligungen mit praktisch C02-freier Stromproduktion.

Die 90 Prozent Energie aus der Wasserkraft stammen von:

Das SBB-eigene Strom-Netz besteht aus 73 Unterwerken, welche durch 1800 Kilometer eigene Übertragungsleitungen verbunden sind.

Um den zukünftigen Fahrbetrieb nachhaltig durchführen zu können, wird zusätzliche Energie benötigt.
Die Bereitstellung dieser benötigten Energie für den Ausbau des Bahnangebots bis 2030 stellt grosse Herausforderungen an die Bahnstromversorgung.
So rechnen die SBB bis 2030 mit einem grösseren Energiebedarf von 25%, in Spitzenzeiten sogar bis 40%.
Im Rahmen der Energiestrategie 2050 des Bund ist ein Ziel der SBB der Ausstieg aus der Kernkraft und der Ausbau des Anteils an erneuerbarer Energie.
Den künftigen Bahnstrombedarf wollen die SBB durch Optimierungen und Ausbauten bei den eigenen Wasserkraftwerken abdecken. Hierfür sollen diese mit Pumpspeicherung ergänzt und an das 50 Hz-Landesnetz angeschlossen werden.

Kraftwerk Ritom:
Etzelwerk (SZ):
Kraftwerk Nante de Drance (VS):

Künftige Bahnstromversorgung auf der Nord-Südachse

Thomas Staffelbach, Leiter Anlagemanagement Energie SBB orientierte über die künftige Bahnstromversorgung auf der Nord-Südachse.
Die Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels stellt höchste Anforderungen an die Versorgung mit Bahnstrom und dessen Verfügbarkeit.
Mit der Inbetriebnahme des Gotthard-Basis-Tunnels (GBT) und am Ceneri (CBT) steigt der Leistungsbedarf für die Bahnstromversorgung auf der Nord-Süd-Achse.

Mit der Inbetriebnahme des GBT und des CBT werden Reisezüge  mit bis zu 250 km/h (Reisegeschwindigkeit 200 km/h) und 260 Güterzug-Trassen pro Tag (heute 160) eine maximale Leistung von 81 MW erfordern.
Heute sind dies auf der Tessinerseite 50 MW.
Bei einem Sonderbetrieb im Tunnel, wie Räumungsbetrieb nach Störfällen, Streckenunterbrüchen, Streiks etc. (Alle 3 min Einfahrt eines Güterzuges ) wird eine maximale Leistung von160 MW erforderlich sein.
Durch Neu- und Ausbauten der Unterwerke und der Übertragungsleitungen gewährleisten die SBB eine sichere Bahnstromversorgung.
Neben den Kraftwerken investieren sie deshalb auf der Nord-Süd-Achse einen dreistelligen Millionenbetrag in eine zuverlässige Bahnstromversorgung. Das Ziel ist, in einem Ereignisfall jederzeit genügend Strom zu haben, um die Fahrgäste sicher und ohne Verzögerung aus dem Tunnel führen zu können.
Dafür werden südlich und nördlich des GBT voneinander unabhängige Bahnstrom-Versorgungsanlagen erstellt, so dass der GBT im Ereignisfall ohne Einschränkungen nur von einer Seite mit Energie versorgt werden kann.
Das Notspeisekonzept sieht beim Ausfall eines Unterwerkes vor, die Stromversorgung unterbruchsfrei von den benachbarten Unterwerken übernehmen zu können.

Krafwerkbesichtigung

Im Anschluss an diese Informationen führte der Leiter des Kraftwerks Wassen, Bernhard Danioth, die Besucher durch „sein“ Kraftwerk.

Themenbild Blick in die Kommandozentrale, durch die grosse SCheibe am rechten Bildrand sieht man ...
Themenbild  ... hinunter in die Generatorenhalle.
Hinten der 16,7 Hz-Generator für den Bahnstrom, vorne der 50 Hz-Generator für "Haushaltstrom"
Themenbild
Die Schieber für die Wasserzuführung der Turbinen: links für den Bahnstrom-Generator, rechts für den 50 Hz-Generator
Themenbild
Die beiden Generatoren haben verschiedene Turbinensysteme, deshalb auch verschiedene Turbinenräder:
links für das Turbinenrad für den Bahnstrom-Generator, rechts für den 50 Hz-Generator
Themenbild
Themenbild Fachleute unter sich