Das Lokomotiv-Denkmal in Erstfeld ist nicht mehr.

Ein Rückblick

Wie Erstfeld zu seinem Lokomotiv-Denkmal kam

Als die Dampf-Aera der SBB im Jahr 1969 offiziell zu Ende ging, und die letzten Dampfloks der SBB ihren Weg zum Schrottplatz antraten, regte in Erstfeld eine Gruppe von Lokomotivführern an, eine der letzten grossen Dampflokomotiven zu retten und im Areal des Depots Erstfeld als Denkmallok für die Nachwelt zu erhalten.
Das Vorhaben gelang und die Erstfelder erhielten von den SBB eine der, ursprünglich für den Gotthard gebauten, schweren Dampflokomotiven des Typs C 5/6.
Die Dampflok 2965 wurde in Erstfeld äusserlich aufbereitet und ein kurzer Gleisabschnitt beim Eingang zum Lokomotiv-Depot als Denkmalsockel bereit gemacht.
Schliesslich wurde der „Elefant“ C 5/6 2965 auf seinen Denkmalsockel gestellt und entwickelte sich im Verlaufe der Jahre zu einem Wahrzeichen von Erstfeld.

Themenbild Die C 5/6 als Lokomotivdenkmal in Erstfeld

Lokomotiv-Tausch in Erstfeld

Auf das Jubiläum „100 Jahre Gotthardbahn“ im Jahr 1982, sollte im Verkehrshaus Luzern die neue Schienenhalle eröffnet werden.
Mit der Aktion „Rettet die Bahnen unserer Ahnen“ war in den Jahren zuvor die Finanzierung des Baues sichergestellt worden.
In der Halle sollte auch die grösste Dampflok der Schweiz, eine C 5/6 gezeigt werden. Die einzige noch fahrbare Maschine, die 2975, wollte man nicht opfern, denn der Elefant sollte in jenem Teil der Halle mit festen Standplätzen aufgestellt werden.
Weil die Denkmallok in Erstfeld vom Lokpersonal immer gepflegt wurde, war die Maschine in einem sehr guten Zustand. Man entschied sich deshalb, die C 5/6 von Erstfeld ins Verkehrshaus Luzern abzugeben.

Themenbild Die renovierte C 5/6 2965 steht 1982 zusammen mit der Dampfschneeschleuder Xrot 100 der Gotthardbahn zum Abtransport ins Verkehrshaus bereit.

Eine neue Lok für Erstfeld

Ersetzt wurde die C 5/6 durch eine ihrer Nachfolgerinnen aus der Zeit der Elektrifizierung, eine Güterzuglok des Typs Ce 6/8 II „Krokodil“.
Ausgewählt wurde die Maschine mit der Nummer 14270. Diese war 1969 ausrangiert worden.
Vom 30. 4. 1970 bis 28. 5. 1972 war sie im Verkehrshaus in Luzern ausgestellt, dann wurde sie im Depot Renens remisiert.
Für ihre neue Aufgabe wurde die 14270 nun äusserlich aufbereitet und in Erstfeld 1982 als Ersatz auf den Denkmalsockel gestellt.

Themenbild Die Ce 6/8 II 14270 als Lokdenkmal in Erstfeld. Wind und Wetter haben ihre Spuren hinterlassen.

Das Lokomotiv-Denkmal Erstfeld wird zum Ärgernis

Wurde die Lok anfänglich noch von freiwilligen des (älteren) Lokpersonals sporadisch gepflegt, verlor sich dies (mit deren Pensionierung) immer mehr.
Als in den 90er Jahren wegen eines konjunkturellen Güterverkehrsrückganges Lokführer im Depot mit anderen Arbeiten beschäftigt werden mussten, wurde die Denkmallok zwar nochmals einer "Pinselrevision" unterzogen, aber mit den grossen Veränderungen bei den SBB, unterblieb die Pflege ganz.
Nun stand die 14270 buchstäblich im Regen. Wind und Wetter begannen an der Lok unbarmherzig zu nagen.
Mit der Gründung der Stiftung SBB-Historic ging die Denkmallok im Jahr 2000 auch in deren Fahrzeug-Bestand über.
Aus finanziellen und personellen Gründen war an die dringend nötige Restaurierung der Lok nicht zu denken, so dass sie im Jubiläumsjahr 2007, völlig verrostet, in einem desolaten äusserlichen Zustand auf dem Sockel stand.
Viele Eisenbahnfreunde, welche im September 2007 das Jubiläumsfest „125 Jahre Gotthardbahn“ im Depot Erstfeld besuchten, erkannten dies nicht, denn die Lok war eines der “in rotes Tuch gekleideten Objekte“ eines Kulturprojektes. Böse Zungen behaupteten damals, „man hätte die Lok bewusst dafür ausgewählt, damit man den Rost nicht sähe“.

Die Zukunft

Das Lokomotiv-Denkmal Erstfeld muss weichen

Im Rahmen der Umnutzung des Depots Erstfeld, als Standort für die Interventionsdienste des NEAT-Tunnels, muss auch das Lokomotiv-Denkmal dem Umbau weichen.
Bereits im Jahre 2010 hatte SBB-Historic über mögliche Lösungen für die Lok informiert.
Die Verantwortlichen zeigten damals auf, dass eine „Entsorgung“ der 14270 für SBB-Historic nicht in Frage kommt.
Ebenso ist eine Aufarbeitung zur fahrbaren Lokomotive aus finanziellen Gründen nicht denkbar.
Mit dem Wunsch der Gruppe „Verein für Industriegeschichte in Oerlikon“ für eine leihweise Übernahme des Krokodils als Denkmallok für den „Geburtsort“ Oerlikon (Maschinenfabrik Oerlikon) biete sich eine Möglichkeit zur Weiterverwendung. – Diese Lösung ist allerdings zur Zeit wieder offen, denn dieses Projekt ist, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, etwas zum Stillstand gekommen. –
Die andere Möglichkeit ist die, dass SBB-Historic die Aufarbeitung selber finanziert und die Lok wieder als Denkmallok für Erstfeld vorsieht. Allerdings wird man dann die Lok in jedem Fall witterungsgeschützt aufstellen, um sie nicht dem selben Zerstörungsvorgang auszusetzen.

Die Lok ist wieder auf den Gleisen

Am letzten Dienstag, 15. Januar 2013, wurde nun die Ce 6/8 II 14270 durch zwei Schienenkrane vom Sockelgleis auf die Schienen zurückgehoben.
Vorangegangen waren tagelange Vorbereitungsarbeiten durch das Historic-Team Erstfeld unter Leitung von Ewald Berchtold. Dieses wurde tatkräftig unterstützt durch eine Gruppe der SBB-Betriebswehr Erstfeld unter der Leitung von Alois Zurfluh.
Um die Lokomotive anheben zu können, mussten in einem ersten Arbeitsschritt die Triebstangen und das Bremsgestänge der Lok demontiert werden.
Am Vortag wurden die Arbeitsplätze für die Krane bereitgestellt und die Lok für das Anheben vorbereitet.
Weil das Wissen um das Anheben der historischen Lok nirgendwo mehr vorhanden ist, galt es, viele Punkte zu bedenken.
Bei den ersten probeweisen Hebeversuchen bestätigte die Lokomotive dann auch, dass sie ihren Zunamen „Krokodil“ nicht zu Unrecht für ihre grosse Beweglichkeit erhalten hatte.

In hervorragender Zusammenarbeit zwischen dem Historic-Team Erstfeld, der Gruppe der Betriebswehr Erstfeld und den Fachleute der Firma Welti-Furrer sowie den Kranfachleuten der Firma Vanomag und von SBB-Infrastruktur gelang das Unternehmen dennoch unfall- und schadenfrei.

Welche Qualität bei der Herstellung der Lok im Jahr 1921 geleistet wurde zeigt die Tatsache, dass die Maschine, welche nun nach über dreissig Jahren Stillstand wieder auf den Gleisen stand, sich problemlos in die alte Dampfremise des Depots überführen liess.

Themenbild Für das Abmontieren der Triebstangen waren die ursprünglichen Geräte noch vorhanden.
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Das Lager der Dreieckstange, der Kurbelbolzen und die Muttern der Triebstangenlager eines Antriebes.

Themenbild Geschafft! Alle Triebstangen und einige andere Teils der Lok sind demontiert, ...
Themenbild   ... und können in der Depotremise verstaut werden.
Themenbild Am Vortag wurde bei misslichen Wetterverhältnissen die Vorbereitungen für den Umzug vorgenommen.
Einsatzbesprechung.
Themenbild Fachleute der Firma Welti-Furrer brachten die grossen Stützflächen für die Eisenbahnkrane.
Themenbild Mit Hilfe des Vanomag-Kranes wurden die Hebebalken unter die Drehgestelle der Lok montiert.
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Auch die seitliche Distanz der Hebebalken musste fixiert
werden.

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Die beiden Vorlaufachsen wurden mit Ketten am Herunterhängen gehindert.,

Themenbild Die Beweglichkeit der beiden Drehgestellte musste durch Verkeilen und Kettenzüge eingeschränkt werden.
Themenbild Am 15. kam zum Kran der Firma Vanomag auch der "Kirow" von SBB-Infrastruktur hinzu.
Themenbild Alles ist zum Anheben bereit.
Themenbild Schliesslich beginnt die luftige Reise ...
Themenbild ... quer über das Krangleis ...
Themenbild ... auf das Nebengeleise.
Themenbild Geschafft! Nach über dreissig Jahren steht 14270 wieder auf fahrbaren Geleisen.
Themenbild Willig folgte die Ce 6/8 II dem Depottraktor auf die Schiebebühne.
Themenbild Auf der Schiebebühne ging es dann vor das Tor der alten Dampfremise.
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Endlich wieder unter Dach!

Themenbild Der alte Standort – ein trostloser Anblick.