Zur Zukunft der Bergstrecke
Nachdem sich die zuständigen Stellen in den letzten Monaten um klare Aussagen bezüglich der Zukunft der Gotthard-Bergstrecke gedrückt haben, musste sich nun zumindest die Urner Regierung klar dazu äussern.
Als Antwort auf eine kleine Anfrage von Kantonsrätin Steffen (Andermatt) zum Thema "Die Gotthard-Bergstrecke als Weltkulturerbe" liegt nun die Antwort des Urner Regierungsrates vor.
Zusammengefasst hält der Regierungsrat fest:
Das von den Kantonen
Uri und Tessin in Auftrag gegebene internationale Gutachten bestätigt
eine Eignung der Verkehrswege am Gotthard als Weltkulturerbe.
Eine
Aufnahme in die "liste indicativ" ist Voraussetzung für eine spätere
Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe.
Da die Schweiz von 2010 - 2013
im UNESCO-Welterbekomitee Einsitz hat, wird in dieser Zeit ususgemäss
keine Eingabe gemacht, und deshalb durch die beteiligten Parteien eine
befristete Unterbrechung der "Kandidatur-Arbeiten" beschlossen.
2014
soll die Frage der Aufnahme in die "liste indicativ" erneut geprüft
werden. Eine Aufnahme der Verkehrswege am Gotthard in das
UNESCO-Weltkulturerbe wäre damit im Jahr 2017 möglich.
Zur Zukunft der Bergstrecke Erstfeld - Biasca äussert sich der
Regierungsrat dahingehend, dass "für den Regierungsrat vor dem
Hintergrund des aktuellen Klärungstandes" die Bergstrecke nicht
gefährdet ist. Es gebe "Seitens der verantwortlichen Entscheidträger
keinerlei erkennbare Signale, dass die Bergstrecke für die SBB
grundsätzlich in Frage gestellt wäre."
Begründet wird diese Aussage
damit, dass in Hinblick auf die Wichtigkeit des internationalen Personen- und Güterverkehrs im NEAT-Tunnel trotz dessen Zweispurigkeit,
die Bergstrecke als Rückfallebene bestehen bleiben müsse.
Zudem gehe
das NEAT-Konzept als Ganzes im Endausbau von einer Vierspurstrecke am
Gotthard aus, da mit der Zunahme des Verkehrs und den damit verbundenen
Ausbauten der Zufahrten die "kapazität des zweispurigen
Gotthard-Basistunnels zum limitierenden Faktor wird". Dannzumal käme
"der Zusatzkapazität der Bergstrecke wirtschaftlich und betriebsmässig
wieder grössere Bedeutung zu".
Weiter wird ausgeführt, dass der
Wegfall der Bergstrecke die Erschliessung des zentralen Alpenraumes
erschweren würde. Auch würde die Aufhebung der Bergstrecke einen grossen
Rückschritt bedeuten.
Bezüglich der Frage nach dem Bestand der
Bergstrecke Erstfeld - Göschenen nach der Eröffnung des Basistunnels,
verweist der Regierungsrat auf das Betriebskonzept der SBB.
Seitens der
SBB wird eine solches auf das erste Semester 2011 in Aussicht gestellt.
Bis Ende 2010 soll zudem ein Fahrplankonzept für die Bergstrecke
vorliegen.
Sie können die vollständige Antwort des Regierungsrates hier herunterladen.
Kommentar:
Persönlich befriedigt mich die Anwort des Regierungsrates keineswegs.
Zuviele Fragen werden aus meiner Sicht nur pauschal beantwortet, ohne dass dabei wesentliche Aspekte berücksichtigt werden.
Zu Punkt 1:
Weshalb werden die "Kandidatur-Arbeiten" unterbrochen?
Wäre es nicht sinnvoll, die Zeit weiterhin für die Erstellung des Dossiers zu nutzen?
Entweder sind die Regierungen von Uri und Tessin überzeugt von ihrem Wollen und Tun, dann ist nicht einsichtig, weshalb nicht weitergefahren wird.
Der Gotthard als Verkehrsstrang mit seinem nördlichen Zugang im
Reusstal und der Leventina im Süden erfüllt geradezu vorbildlich die
Kriterien der UNESCO für die Ernennung zum Weltkulturerbe (Prägung von Mensch, Landschaft und Kultur durch die Auswirkungen des Verkehrsweges). Deshalb ist eine Ablehnung einer entsprechenden Eingabe durch die UNESCO nicht zu erwarten.
Zu Punkt 2:
Natürlich sind die Überlegungen des Regierungsrates stimmig und die angeführten Punkte wesentlich.
Sie stehen und fallen aber mit den Entscheidungen der SBB.
Diese aber sind noch unbekannt und könnten in Uri für unliebsame Überraschungen sorgen. Ein bisschen Druck auf die SBB wären hier durchaus angezeigt.
Zu Punkt 3:
Der Regierungsrat täte wohl gut daran, gegenüber den SBB klare Signale bezüglich seiner Erwartungen zur Bergstrecke anzumelden.
Statt sich auf die utopische Erwartung vom Halt internationaler Schnellzüge (ECs) im "Kantonsbahnhof Uri" zu kaprizieren, täte meiner Meinung nach der zuständige Regierungsrat gut daran, dafür zu sorgen, dass wenigstens die stündlichen Halte der Interregio-Züge (IR) in Zukunft bestand haben werden.
Es ist mir unerklärlich, wie man einerseits eine "NEAT in den Berg"-Politik verfolgen, und andrerseits von EC-Halten im Reusstal träumen kann.
Das geht nicht auf.
Nicht die EC-Halte sind für Uri wichtig, sondern dass die Anbindung der Bahnhöfe Flüelen, Erstfeld und Göschenen mit mindestens stündlichem Halt in jede Richtung erfolgt.
Dass dabei neu ein zusätzlicher Halt in Altdorf erfolgt, ist eine Möglichkeit. Die Ausbildung von Altdorf zum "Kantonsbahnhof" wird meines Erachtens aber unweigerlich zum Verlust der Halte in Flüelen und/oder Erstfeld führen.
Es ist nicht einsichtig, weshalb die derzeitige Ausrichtung der
Publikumsströme auf die Bahnhöfe Flüelen und Erstfeld in absehbarer Zeit geändert werden
soll.
Grundlegend ändern wird sich die Situation erst mit der
Bahn-Hinterfahrung von Flüelen (Axentunnel).
Mich würden in diesem Zusammenhang überhaupt brennend die Visionen sowohl des Gemeinderates von Flüelen wie auch des Regierungsrates bezüglich der Zukunft der "Hafenstadt Flüelen" und der Anbindung des
dortigen Touristen-Verkehrs interessieren.
Die Stammstrecke am Axen wird ja dann wohl, gemäss derzeitiger Vorstellung des Gemeinerates Flüelen ersatzlos aus dem Dorfbild gestrichen.
Ob sich der Gemeinderat im Klaren ist, dass er damit an dem Ast
sägt, auf dem er sitzt?
Wie werden dann die Touristenströme des
Weges der Schweiz und der SGV (Schiffe) auf die Bahn geführt? Mit einem
zusätzlichen Umstieg auf den Bus bis zum "Kantonsbahnhof Altdorf"?
Wie wird das Kieswerk Arnold dannzumal seine Fuhren wegbringen? Per
Lastwagen?
Zu Punkt 4:
Hier bleibt für mich die Frage im Raum: Weshalb sollten die SBB nach der Eröffnung des Basistunnels mehr Investitionen für die Bergstrecke "aus betrieblichen und finanziellen Gründen" nicht mehr ausschliessen?
Der Hinweis von SBB CEO Meier an die Urner Regierungsrätin Zgraggen anlässlich der TV-Sendung vom 15. Oktober
2010 aus Göschenen war klar und deutlich:
Wenn ihr Leistungen von den SBB wollt, dann müsst ihr sie bestellen, aber auch bezahlen.