Weniger internationale Schnellzüge durch den Gotthard: Die SBB wollen ihr Angebot weiter ausdünnen.
Gefunden in: Neue Urnerzeitung, 16. September 2005
VON RAPHAEL PRINZEs geht einiges im Nord-Süd-Verkehr: 2008 soll der Lötschbergtunnel eröffnet werden, 2015 dann der Neat-Basistunnel am Gotthard. Grossprojekte, welche den Transitverkehr entscheidend beeinflussen werden. Die Karten werden also neu gemischt, und davon will auch Luzern profitieren.
Regierungsrat Max Pfister: «Wir verlangen, dass Luzern international besser angeschlossen wird.»
Die SBB beteuerten zwar immer wieder, Luzern sei mit seinem Einzugsgebiet und seiner zentralen Lage wichtig, jedoch: «Trotz gut gemeinter Ansätze der SBB merken wir davon nichts», so Pfister.
Geplant ist ein weiterer Abbau
Und so scheint es auch diesmal zu sein. Gemäss Informationen unserer Zeitung fand im März dieses Jahres ein Gespräch zwischen den SBB, der Cisalpino AG und Vertretern der Gotthardkantone statt. Thema: das geplante Angebot für den internationalen Personenverkehr auf der Gotthardachse ab 2008.
Dabei gab es für die Zentralschweizer Vertreter, laut mehreren Quellen, nicht viel Gutes zu erfahren.
Vorgesehen ist, die heute fünf Direktverbindungen von Luzern nach Mailand auf drei zu reduzieren. Weiter werden ab Zürich künftig nur noch acht (bisher neun) Direktzüge nach Italien verkehren. Insgesamt stünden ab Arth-Goldau also täglich nur noch elf statt wie bisher 14 Verbindungen nach Mailand zur Verfügung.
Das ist eine Abkehr der bisherigen Praxis, ab Arth-Goldau im Stundentakt eine Verbindung in den Süden anzubieten (teils ab Zürich, teils ab Basel/Luzern). Für den Luzerner Schultheiss Max Pfister (FDP) ist dieser Schritt unverständlich: «Uns wird trotz gegenteiliger Beteuerungen ein weiterer Abbau zugemutet. Das können wir als Kanton Luzern nicht akzeptieren.» Die Wirtschaft und der Tourismus der ganzen Zentralschweiz seien auf gute internationale Bahnverbindungen angewiesen.
Bei den SBB war gestern trotz mehrmaligem Nachfragen niemand erreichbar, der die Gründe für diese Pläne hätte erläutern können. Für Pfister wird Luzern gar «langsam, aber stetig vom Fernverkehrsnetz abgehängt». Dabei müsste es umgekehrt sein: «Wir verlangen für Luzern direkte ICE-Verbindungen mit Hamburg und Berlin.»
Zur Wehr setzt sich auch das Gotthard-Komitee, dem zwölf Kantone (darunter alle sechs Zentralschweizer) angehören. Das Komitee wird in den nächsten Tagen einen Protestbrief an die SBB und die Cisalpino AG schicken. Es ortet die Gefahr, dass insbesondere in der Übergangszeit zwischen der Eröffnung am Lötschberg und jener am Gotthard die Verbindung über Luzern «vergessen wird». Während dieser Jahre ist nämlich der Transitverkehr über die Lötschberg-Achse schneller, und umso wichtiger sei es, die Gotthard-Achse nicht auszudünnen. Ein Rückgang der Nachfrage am Gotthard könnte sonst auch über 2015 heraus negative Folgen haben.
Weitere Sitzung ist abgemacht
Immerhin scheint punkto Gotthardverkehr das letzte Wort noch nicht gesprochen. Demnächst findet ein Treffen zwischen dem Kanton Luzern und den SBB statt. Pfister erhofft sich, «dass dieses für Luzern noch Verbesserungen bringen wird».