«Mumi»
Der falsche Lokführer
Zu Beginn der Fünfziger-Jahre wurden die neuen und zu jener Zeit fast revolutionären Ae 6/6-Wappenlokomotiven abgeliefert. Blitzblank und kaum dem Herstellerwerk entlassen, hatte Karl Mumenthaler mit der neuen Lok «TICINO» den Zug 160 von Zürich nach Erstfeld zu führen.
Dienstantritt hatte «Mumi» 10 Minuten vor Abfahrt. Ein Kollege hatte ihm die neue Lok an den Zug gestellt und die Bremsprobe gemacht.
Gemütlich und gut gelaunt kam Karl Mumenthaler nach wohlverdientem Mittagessen dem Schnellzug entlang nach vorne spaziert und entdeckte viele Schaulustige, welche die neue Maschine belagerten und natürlich bestaunten.
Der einzige nervöse Typ war der Abfertigungsbeamte, der fast panikartig den Lokführer suchte, der mit dem Zug wegfahren sollte. Kari Mumenthaler gesellte sich unter die Schaulustigen und fragte - schlau wie er war - den Souchef, ob denn der Lokführer fehle.
Das sei es ja eben, meinte der Abfertigungsbeamte: Der Lokführer fehlt!
Nun trat Kari Mumenthaler ernsthaft in Aktion. Das sei kein Problem, meinte er zum nichtsahnenden Beamten, schliesslich habe er sehr gute technische Kenntnisse und das Führen dieses Zuges bedeute für ihn absolut kein Problem.
Sprachs, verschwand auf die Lok und fuhr mit dem Zug ab!
Der Abfertigungsbeamte, totenbleich vor Schreck, liess den Zug in Zürich-Wiedikon anhalten; doch bis dahin hatte «Mumi» längst sein Überkleid angezogen und er fauchte den Wiedikoner Stationsbeamten recht unsanft an, warum denn das Ausfahrsignal geschlossen sei: Er hätte mit einer neuen Lokomotive einen Schnellzug zu führen und müsse rechtzeitig zu Hause sein.
Dass der arme Zürcher Abfertigungsbeamte einem typischen Mumenthaler-Streich auf den Leim gegangen ist, hat dieser wohl erst sehr viel später erfahren...