Happy Birthday! Der „Uristier“ wird 60!

Als eigentlicher „Geburtstermin“ einer Lokomotive gilt das Datum der Übernahme durch die Bahngesellschaft.
Am 31. Januar 1953 wurde die Ae 6/6 „Uri“ durch die SBB offiziell von ihren Erbauern übernommen.

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Die Geschichte der Ae 6/6
Mit dem Strategischen Entscheid des SBB Verwaltungsrates Mitte der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts, die Gotthardbahn umfassend zu sanieren und deren Betrieb zu beschleunigen, drängte sich auch der Bau einer leistungsfähigeren Lokomotive für den Gotthard auf.
Untersuchungen führten im Jahre 1949 bei den SBB zur Überzeugung, dass diese zukünftige Lokomotive universal einsetzbar sein musste. Personen- und Güterzüge sollten fortan am Gotthard gleich schnell unterwegs sein. Dafür wurden sechs Triebachsen mit einer Achslast von 20 t zur Erbringung der hohen Leistung als erforderlich angesehen. Da es die Technik des Lokomotivbaues inzwischen ermöglichte, laufachslose Drehgestell-Lokomotiven zu bauen, entschlossen sich die SBB zum Bau einer Einheitsmaschine mit zwei dreiachsigen Drehgestellen.
Im Jahr 1952 gingen die beiden Prototypen bei der Schweizerischen Lokomotiv-Industrie in Bau (SLM, BBC, MFO).
Die erste Lokomotive 11401, verliess Anfang September 1952 die Produktionsstätten und wurde am 26. September 1952 von den SBB abgenommen.

Themenbild Die Ae 6/6 Uri im Bau bei der BBC in Münchenstein; der Lokkasten wird auf die fertig montierten Drehgestelle aufgesetzt.
Die 11402 verliess das Werk Anfang Januar 1953 und wurde am 31. Januar 1953 von den SBB übernommen.
Sofort kamen beide Lokomotiven an den Gotthard und wurden ausgiebig getestet. Die Stundenleistung der beiden Prototypen von 6000 PS ermöglichte es, auf den Rampen des Gotthards Züge von 650 t mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h zu ziehen. Auf den Talstrecken konnte das Zugsgewicht auf 1600 t gesteigert werden.
Als erste Lokomotive bei den SBB konnten die Ae 6/6 nicht nur im Stehen, sondern auch im Sitzen bedient werden.

Die Serienloks
Mit dieser Lokomotiv-Serie kehrten die SBB auch wieder zur Gewohnheit zurück, Lokomotiven mit Namen zu versehen. Die ersten 25 Maschinen erhielten eine Chromverzierung und wurden auf die Namen der Kantone der Schweiz getauft. Die restlichen Maschinen, ohne Verzierung, erhielten die Namen von Ortschaften, welche eine wichtige Beziehung zur Eisenbahn haben. So gab es für die Urner eine Lok Flüelen, Erstfeld und Göschenen.
Die Maschinen wiesen anfänglich alle die Anschriften SBB und FFS auf, in der Annahme, sie würden ausschliesslich im Nord-Süd–Verkehr am Gotthard eingesetzt. Später erhielten die Maschinen mit Namen aus der Romandie die Anschriften SBB und CFF.
Nach der Auswertung der entsprechenden Test-Erkenntnisse, wurden in der Folge weitere Maschinen bestellt, so dass diese Serie bis zum Jahr 1966 die stattliche Zahl von 120 Maschinen erreichte.
Bei der Aufteilung der SBB in Divisionen im Jahr 2000, wurden die Ae 6/6 SBB-Cargo zugeteilt. In der Folge wurden diese vermehrt vom Gotthard ins Flachland abgezogen.
Im Herbst 2004 wurden durch SBB-Cargo vermehrt Ae 6/6 ausser Dienst gestellt. Da „Eisenbahnfreunde“ vermuteten, die in Biasca abgestellten Loks würden demnächst verschrottet, wurden von einigen Maschinen Wappen und Anschriften entwendet. In einer Nachtaktion wurden durch Mitarbeiter der SBB sofort an allen Ae 6/6 die Wappen entfernt.
Kurz darauf informierte SBB-Cargo, dass 80 der noch vorhandenen 119 Ae 6/6 einem Erneuerungsprogramm unterzogen würden.
Im September 2006 tauchten erste Bilder einer erneuerten Ae 6/6 auf, im neuen blau-roten Cargo-Design. Im November wurde die erneuerte Lok „Erstfeld“ zur Gotthard-Raststätte gebracht, wo sie in der Aktion „Auto-Bahn“ fast ein Jahr lang auf das Gotthardbahn-Jubiläum im Jahr 2007 hinwies.
Die Realität holte die Pläne von SBB-Cargo ein. Das Erneuerungsprogramm wurde bereits nach wenigen Maschinen gestoppt und die Ausmusterung der Ae 6/6 begann.
Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2012 sind die Ae 6/6 nicht mehr im Planeinsatz. Laufend werden weitere Ae 6/6 der Verschrottung zugeführt. Schon bald wird diese Lokomotivserie Geschichte sein.

Der „Uristier“
Am Mittwoch, 23. September 1953 fand im Bahnhof Altdorf die feierliche Taufe der Ae 6/6 11402 auf den Namen „Uri“ statt.
Ich kann mich gut an dieses Ereignis erinnern, waren doch auch wir Schüler von Altdorf zur Feier eingeladen. Die Bevölkerung des Kantons „Uri“ erwies der neuen Lok mit einer grossen Präsenz ihre Referenz. Bei brütender Mittagshitze durften wir uns nördlich des Güterschuppens der Station Altdorf aus weiter Ferne die Lobreden der Honoratioren auf die neue Maschine anhören. Wie gerne hätten wir Buben uns statt dessen die Maschine näher angeschaut, wenn möglich von innen. Und wie haben wir die Schülerinnen und Schüler der 6. und 7. Klassen benieden, die anschliessend mit dem Zug, gezogen von der neuen Lok, eine Fahrt ins Tessin machen durften.
In der Folge wurde der „Uristier“ dem Depot Erstfeld zugeteilt. Von hier aus leistete er Jahrelang treu seine Arbeit im schweren Bergdienst.

Themenbild Die Uri, damals noch im Planeinsatz, wartet mit einer Kollegin neben dem Depot Erstfeld auf ihren nächsten Einsatz vor einem Hupoac-Zug in Richtung Norden.
Da die beiden Prototypen schwächer waren als ihre Kolleginnen, wurden sie schliesslich ins Flachland versetzt. Der Uristier wurde offiziell „Zürcher“. Zu dieser Zeit erhielt er auch ein rotes Farbkleid. Kaum mehr planmässig eingesetzt, kehrte die Ae 6/6 „Uri“ Anfang Oktober 2003 zu ihrem 50ten Geburtstag zu eine Depotfest in ihre alte Heimat Erstfeld zurück. Im selben Monat wurde der Uristier zur ersten historischen Ae 6/6 ernannt und an SBB-Historic übergeben. Er verliess Erstfeld für eine Revision im Industriewerk Biel. Jetzt wurde es still um die Lok.
Anfang August 2006 stellte sich heraus, dass die „Uri“ in Biel nicht revidiert, sondern abgestellt und als Ersatzteilspender benutzt worden war. SBB-Historic reagierte umgehend. Ende September wurde die „Uri“ ins Depot Erstfeld geschleppt, wo sich eine kleine Gruppe des Historic-Teams an die Rekonstruktion und die Aufarbeitung des Uristiers machte. Das Ziel war, die Lokomotive für das Jubiläum „125 Jahre Gotthardbahn“ im Jahr 2007 wieder fahrbar zu machen. Der Lokkasten wurde von Rost befreit, aufgearbeitet und wieder mit der ursprünglichen grünen Farbe gestrichen. Das Innere wurde einer Grossreinigung unterzogen und die gesamte Technik kontrolliert und revidiert. Anfang April 2006 erhielt der Uristier im Beisein eines Teams des Schweizer Fernsehens seine Wappen und Anschriften wieder. Ende April wurde dann der Uristier, anlässlich der Jahrespressekonferenz von SBB-Historic, in Göschenen der versammelten Presse präsentiert.
Dank der fürsorglichen Pflege durch das Historic-Team Erstfeld ist die Ae 6/6 11402 „Uri“ in einem guten Zustand und kommt immer wieder sporadisch vor Extrazügen zum Einsatz.
Themenbild Der Uristier in neuem Glanz.
Ihre Kollegin 11401 „Ticino“ hatte übrigens weniger Glück. Wegen eines grösseren Defekts war an eine Fahrbarmachung nicht zu denken. Die ebenfalls im Besitz von SBB-Historic stehende Maschine wurde 2010 äusserlich aufgearbeitet und ging als Dauerleihgabe an die "Schienenverkehrsgesellschaft Stuttgart".

Weitere Informationen und Bilder zur Ae 6/6 Uri finden sich in der Rubrik Geschichte und in älteren News.

Bild Video-Box

Auch ein Film zur Ae 6/6 "Uri" ist auf DVD erhältlich.

Detaillierte Angaben sind im Shop unter "Filme Schweiz" zu finden.